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Interviewpartner

Prof. Dr.-Ing. Paul Kahlfeldt

Prof. für Baukonstruktion an der TU Dortmund; Architekten-Studio Berlin;  Vorsitzender des Deutschen Werkbunds und im Vorstand der internationalen Bauakademie Berlin

Dr.-Ing. Thorsten Klaus

Lead Product Development, GROPYUS; Bachelor- und Masterstudium an der University of Toronto; Innovationspreis beim Deutschen Bautechniktag 2015

Was verstehen Sie unter zeitgemäßem Bauen?

PAUL KAHLFELDT: Die Erfordernisse an das Bauen verändern sich eigentlich nicht und so ist zeitgemäßes Bauen auch immer klassisches Bauen: Räume für Nutzungen bereit stellen. Eher die Nutzungen und deren Ansprüche verändern sich permanent und gute Gebäude ermöglichen diese Anpassungen über lange Zeiträume. So darf das Bauen sich nicht modischen Tageslaunen unterwerfen. Nicht in der Gestaltung und nicht in kurzlebigen Konstruktionen. Zeitgemäß ist also zeitunabhängig.

THORSTEN KLAUS: Wir stehen aktuell vor einer der größten Herausforderungen, denen wir als Menschen je begegnet sind. Unser ständig zunehmender Einfluss auf unsere Welt, vor allem die Klima-Krise, die wir treiben, aber auch die Massenmüllproduktion und das Massenaussterben tausender Tier- und Pflanzenarten, wofür wir verantwortlich sind, gefährdet die Existenz unserer Zivilisation. Vor diesem Hintergrund kann zeitgemäßes Bauen aus moralischen und ethischen Gründen nur eines heißen: eine Art von Bauen, die unsere aktuelle Situation in Hinsicht auf Energie, Ressourcen, Emissionen und Müllaufkommen nicht verschlechtert - im besten Fall sogar verbessert. Nur durch diese Denkweise können wir gewährleisten, dass unsere Arbeit als Architekten und Ingenieure uns vorwärts bringt und nicht weiter zum Problem beiträgt.

Versorgung mit angemessenem, bezahlbarem Wohnraum – Welchen Anteil / Einfluss hat die Architektur?

PAUL KAHLFELDT: Der Begriff „bezahlbar“ ist auslegungsfähig und sicher ist kostengünstig gemeint. Dieses ist ein wichtiges Anliegen und bedarf natürlich eines Konsens: die Vorschriften, Regeln und Ansprüche müssen in angemessenem Verhältnis stehen. Der Handwerker, der den Bau errichtet muss auch angemessen bezahlt werden und so haben Gebäude Erstellungskosten. Wie diese finanziert werden und die Kosten des Grund und Boden sind gesellschaftlich, politisch steuerbare Faktoren.

THORSTEN KLAUS: Das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ wird durch die wachsende Bevölkerung und stetig teurer werdende Großstädte immer kritischer. Es ist ein Problem, das nur durch die Zusammenarbeit mehrerer Akteure – Politiker, Stadtplaner, Architekten und Ingenieure – gelöst werden kann. Ingenieure und Architekten haben dabei vielleicht die Kernaufgabe: wie wir mit weniger Ressourcen und weniger Platz trotzdem eine hohe Lebensqualität in unseren Wohngebäuden und -siedlungen erreichen können. Um hierbei erfolgreich zu werden, müssen wir uns von herkömmlichen Ansätzen trennen und in vielen Bereichen neu denken, z. B. mit neuen nachwachsenden Materialien arbeiten oder mit Rezyklaten aus alten Materialien; den Einsatz von intelligenter Gebäudeautomation, die den Energieverbrauch von Gebäuden im Betrieb (Neubau sowie Altbau) deutlich reduzieren kann; die Planung von Raumprogrammen, die dem Nutzer in verschiedenen Lebensphasen angepasst sind und jeden Quadratmeter Platz effektiv ausreizen.

Anspruch an Gebäude und Bauwerke – Wie beurteilen Sie die Ästhetik und Lebensdauer eines Gebäudes?

PAUL KAHLFELDT: Ein gutes Gebäude muss mindestens für eine Lebensdauer von minimal 300 Jahren ausgelegt werden. Das ist nachhaltig und angesichts der Erstellungskosten sinnvoll. Die Langlebigkeit betrifft die Bauart und die Gestaltung. Diese muss von allen Tageslaunen und modischen Einflüssen frei sein und so erkennt man bei guten Gebäuden nicht die Zeit der Erbauung.

THORSTEN KLAUS: Das sind meist zwei getrennte Fragen: die erste sehr subjektiv und die zweite hauptsächlich rechnerisch. Die meisten Gebäude, die heute in guter Qualität gebaut werden, können mit ordentlicher Wartung und Instandhaltung mehrere hunderte von Jahren halten. Was aber natürlich auch passieren kann, ist, dass ein Gebäude noch lange vor seiner geplanten Lebensdauer aus ästhetischen oder Stadtplanungsgründen abgerissen wird. Typischerweise spielt aber die mögliche Flexibilität und Umnutzbarkeit eines Gebäudes eine größere Rolle bei dieser Entscheidung als seine ästhetischen Qualitäten. Selbst zum Zeitpunkt der Eröffnung kriegt ein Architekt 10 unterschiedlichen Meinungen zu seinem Entwurf, deswegen ist es sehr schwierig vorherzusagen, ob ein Projekt in 10 oder 30 oder 100 Jahren dem Publikum, seinen Nutzern oder seinem Bauherrn noch gefällt. Es ist daher wichtig, insbesondere im Hinblick auf die vorstehende Frage des zeitgemäßen Bauens, dass Architekten und Ingenieure erstens die mögliche zukünftige Flexibilität ihrer Entwürfe beachten und zweitens, dass die Rückbaubarkeit („Design for Disassembly“), Trennbarkeit und Rezyklierbarkeit von Bauteilen, Komponenten und Materialien vorgesehen und gewährleistet ist.

Energieeffizientes Bauen – Sanierung, Abriss oder Neubau?

PAUL KAHLFELDT: Der sparsame Umgang mit Energie zum Heizen von Räumen ist so alt wie das Bauen selbst. Schon immer musste der Mensch mit Brennmaterial sorgsam umgehen. Auch entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte Bauweisen und Konstruktionen, die eine Aufheizung im Sommer beschränkt. Seit der industriellen Revolution versuchen wir alle Aufgaben nur noch technisch zu lösen. Dazu brauchen wir sehr viel Energie. Um diese sinnvoll einzusetzen, sollte im Bauwesen wieder an die historischen Bauweisen gedacht werden und Gebäude, die diese Art des Bauens nicht aufweisen, müssten durch neue Bauwerke ersetzt werden, die diese Qualitäten haben.

THORSTEN KLAUS: Jedes gebaute Objekt muss immer im Einzelnen betrachtet werden, es kann keine pauschale Antwort geben. Wenn ein Gebäude seinen Zweck nicht mehr erfüllt, sei es aus funktionalen, energetischen oder ästhetischen Gründen, sollten zuerst alle Optionen in Betracht gezogen werden. Diese Betrachtung soll sich auch unbedingt auf den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes beziehen: was wären die Konsequenzen eines Abrisses oder einer Sanierung in Bezug auf das Gesamtbild der erforderlichen Energie und Ressourcen? Besonders wichtig hierbei ist die Berücksichtigung der grauen Energie – die Energie, die in der Rohstoffgewinnung, Herstellung, Produktion, Transport und Beseitigung von Materialien und Bauteilen eingebettet ist. Es gibt auch Fälle, insbesondere bei denkmalgeschützten Gebäuden, wo beides - Sanierung und Abriss - ausgeschlossen sind, weil eine Sanierung die ästhetischen Qualitäten des Objekts gefährden würde. In diesen Fällen gibt es eine neue Möglichkeit durch das Aktivhaus-Prinzip: Es können mit heutigen Technologien Gebäude realisiert werden, die mehr regenerative Energie produzieren, als sie selber verbrauchen. Die überschüssige Energie kann bilanziell durch „Smart-Metering“ ältere Gebäude mitversorgen, sodass ihr Umwelteinfluss auch ohne Sanierung reduziert werden kann.

Sichtbeton vs. Altbaufassade – In welcher Umgebung fühlen Sie sich wohler?

PAUL KAHLFELDT: Sichtbeton erinnert mich immer an „rohe Leber“ und an die Bunker des 2.Weltkrieges. In der Architektur schätze ich das Veredeln von Baustoffen und eine Gestaltung von Räumen. Deshalb fühle ich mich in architektonischen Umgebungen wohl – egal ob Altbauten oder Neubauten – wichtig ist gestalterische Qualität.

THORSTEN KLAUS: Wenn die Diskussion zwischen Altbau und Neubau sein soll, ist die Fragestellung gegenüber der modernen Architektur völlig ungerecht, denn hierbei werden eine breite Vielfalt von Materialien eingesetzt, z. B. Holz, Glas, Keramik, Textil, Metall und weitere. Selbst wenn man sich auf Sichtbeton eingrenzt, ist diese eine sehr persönliche Frage und auch stark kontextabhängig. Bei einem Krankenhaus, Büro-, Werks- oder Laborgebäude zum Beispiel fühlen sich wahrscheinlich viele Nutzer auch bei Sichtbeton wohl, weil es ein sauberes, modernes Bild darstellt. In einem Restaurantquartier oder Wohngebiet würde die Mehrheit der Menschen sich wahrscheinlich bei Altbaufassaden – aber auch bei anderen, haptisch schönen modernen Materialien – wohler fühlen. Aus meiner persönlichen Sicht sollen die Materialität und Ästhetik eines Gebäudes zu seiner Funktion passen. Die psychologische Qualität eines Raums oder eines Gebäudes hängt auch von vielen anderen Faktoren ab, als die reinen Materialien. Es gibt auch genügend Beispiele hässlicher Altbaufassaden und schöner Objekte in Sichtbeton. Wenn ein Architekt das richtige Gefühl für Räumlichkeit, Geometrie und Proportionen hat, kann ein Neubaugebäude genauso gut eine Wohlfühlatmosphäre anbieten wie ein Altbaugebäude.