Aus dem Englischen übersetzt bedeutet Tiny House winziges Haus. Tiny Houses, entweder als feststehende Minihäuser bis zu 50 Quadratmetern oder als mobile Tiny Houses auf Rädern, sogenannten Trailern, Lkw-Anhängern, und um die 15 Quadratmeter, definieren sich durch ihre unterdurchschnittliche Wohnfläche und nehmen die verschiedensten Formen an - die Spannbreite reicht von einer einfachen spartanischen Einrichtung bis hin zu einer luxuriös ausgestatteten Ausführung mit allen möglich denkbaren innenarchitektonischen und technischen Spielereien. Ein Tiny House bietet normalerweise alles, was wir in unserer Gesellschaft zu den grundsätzlichen Ansprüchen einer Wohnung zählen würden: eine Küche/Kochnische, ein Bad/Sanitäranlage sowie einen Wohn- und Schlafbereich. Je nach individuellen Wünschen, Vorlieben und Bedürfnissen wird dem einen oder anderen Bereich mehr Raum und Aufmerksamkeit geschenkt.
Baupläne sind im Internet zu finden, manchmal auch kostenlos, Austausch und Unterstützung erfährt man in den verschiedenen regionalen Gruppen. Trotz unterschiedlichster Stile ist den Tiny Houses heutiger Zeit meistens eine durchdachte Inneneinrichtung und der Mut zum Umdenken gemein: Wie kann ich den – ja begrenzten – Wohnraum meinen persönlichen Vorstellungen am besten anpassen, wie nutze ich die mir gegebene Fläche am effektivsten?
Nun sind kleine Häuser oder auch Kleinsthäuser geschichtlich betrachtet keine Revolution – man denke an andere Formen alternativer Architektur wie Lehm- und Hüttenbauten, Hausboote und Wohnwagen. Wer einen Blick in die US-amerikanische Kultur wirft, stellt (vielleicht mit Erstaunen) fest, dass alternative Wohnformen und „fahrende Häuser“ kein Kuriosum, sondern seit den fahrenden Völkern wie den Shakern und Pietisten fest in der amerikanischen Kultur verankert sind.
Sogenannte Motorhomes (Caravans oder Vans), Fertigteilappartements auf Rädern in Trailerparks, Truckitecture (Lastwagen-Architektur, „verrückte Trickkisten“, die häufig nach dem Huckepack- Verfahren aus zwei Karosserien zum Doppeldecker und mobilen Wohnheim gemacht wurden) sind verschiedene Formen amerikanischer Räder-Existenz, die nicht selten aus wirtschaftlichen Zwängen resultieren, aber auch wie das Tiny House von heute eine bewusste Entscheidung gegen den gewöhnlichen American Way of Life hin zu einem vereinfachten Lebensstil darstellen. Auch in Europa und im Speziellen hier in Deutschland gab es schon immer Kleinstwohnformen, die beim Thema Tiny Houses ins Gedächtnis rücken: wie die behelfsmäßigen Lauben nach den Kriegen, die, nachdem viele Häuser, teilweise ganze Stadtteile, zerstört wurden, bewohnt wurden und teilweise noch heute bewohnt werden, die Kleinsthofbewegung, Formen des (Dauer-)Campings, bewohnte Container oder Bauwagen.
Und doch wollen sich Tiny-House-Besitzer von heute von diesen außergewöhnlichen Wohnformen als etwas Eigenständiges, fast schon Normales herausheben, betonen, dass ein Minihaus ein ganz normales Haus sei – zugegeben kleiner, als wir es hier gewöhnlich kennen – und wollen dies auch baurechtlich auf eine korrekte und kooperative Art und Weise in unserer Gesellschaft etablieren.
Sollte nicht jeder entscheiden dürfen, mit wie viel Platz er glücklich ist?